Text: Nadja Hadek. Bild: Oli ShitstrØm.

Sound. Szene. Seele: Warum Augsburg ohne KUKI leiser wäre

KUKI e.V.

Es gibt Organisationen, die ihre Existenz mit strategischen Konzeptpapieren und trendigen Buzzwords rechtfertigen. Und es gibt KUKI – Musikkultur für Augsburg e. V.: diesen eigenwilligen, unverwüstlichen Zusammenschluss von Musikern aller Genres und Generationen, der seit über vier Jahrzehnten in Augsburg und Umgebung einfach macht.

KUKI ist eine nachhaltig erfolgreiche Bewegung mit Lokalkolorit und -historie. Der Verein wurde 1982 gegründet: zu einer Zeit, in der Walkmans noch Statussymbole waren. Ausgangspunkt für KUKI war Unzufriedenheit – über fehlende Übungsräume und mangelnde Live-Locations. Zwölf Augsburger Musiker beschlossen daher in der Szenekneipe Thing die Gründung eines Vereins, der Konzerte organisieren, Rockmusik als festen Bestandteil der Augsburger Stadtkultur etablieren und geeignete Räume organisieren und verwalten sollte. Seither hat sich KUKI beharrlich durch alle kulturellen Wetterlagen der Stadt gespielt.

Subkultur: Ein Label, das KUKI nicht braucht

Was hier gemacht wird, ist keine „Kulturarbeit“ im braven VHS-Sinn – vielmehr eine eigensinnige Einladung zur akustischen Gegenöffentlichkeit. Dennoch ist das Label „Subkultur“ unpassend für KUKI. Der Begriff wurde hier und da von kulturpolitischen Entscheidungsträgern verwendet, um die freie Musikszene der Stadt zu klassifizieren – mit einem Hauch von Exotik vielleicht, jedenfalls auch einer gewissen Distanz.

KUKI braucht solcherlei Zuschreibung nicht. Was als „Subkultur“ gelabelt wurde, ist für den Verein einfach selbstverständliche Kulturpraxis, die in niemandes Schatten steht, sondern mit Lautstärke und Stolz für sich selbst spricht. KUKI ist keine Randerscheinung, keine alternative „Szene“ im Nischenbereich, vielmehr ein integraler Bestandteil der Augsburger Kulturlandschaft.

Vom Proberaum zur Plattform

Seit den 1980-er Jahren hat KUKI unzählige Musiker zusammengebracht – lange bevor der Begriff „Netzwerk“ zur PowerPoint-Floskel wurde. 2007 fand der Verein im Kulturpark West auf dem Gelände der ehemaligen Reese-Kaserne ein Zuhause. Zwischen Betonromantik und kreativem Chaos florierte KUKI als feste Größe in Augsburgs Kulturszene. Und auch nach dem vielbedauerten und -betrauerten Umzug vom Reese-Gelände auf das ehemalige BayWa-Gelände in der Gubener Straße 11 ist klar: KUKI ist da, wo Kultur Platz braucht und bekommt – nicht unbedingt da, wo es schick ist.

Was als kleines Netzwerk begann, ist heute eine der leistungsfähigsten Plattformen für Musikkultur in der Region. Mit einer aktiven Community von rund 1.200 Akteuren und über 200 Bands, Tonstudios und Unterrichtsräumen an mehreren Standorten in Augsburg und Königsbrunn ist KUKI zu einem tragenden Pfeiler der Augsburger Kulturszene geworden.

Kulturförderung ohne Wenn und Aber

Der Verein vertritt die Interessen von Musikern: ungeachtet des Alters oder des Musikstils. Ob jung oder alt, ob Rock, Jazz, Elektronik oder klassische Musik – die Plattform bietet Raum für alle, die sich musikalisch ausdrücken möchten.

So kommt es, dass man immer auch auf KUKI trifft, wenn man durch Augsburgs Festival- und Konzertgeschichte der letzten Jahre scrollt: Es gibt kaum eine Live-Location in der Stadt, an der nicht irgendwann ein KUKI-Act den Ton angegeben hätte, und es vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht eine KUKI-Band spielen würde.

Dabei ist KUKI nicht bloß Bühnenbespieler, sondern auch Möglichmacher hinter den Kulissen. Der Verein fördert aktiv die Bildung seiner Musiker: durch Band-Coachings, Musikunterricht und Workshops, die das handwerkliche Können und die Bühnenpräsenz der Künstler stärken. Besonders in einer Zeit, in der Kulturförderung immer mehr auf kommerzielle Viabilität ausgerichtet ist, zeigt KUKI, dass musikalische Bildung und künstlerische Freiheit keine Widersprüche sein müssen.

Ein zentrales Anliegen von KUKI ist die Förderung von Nachwuchstalenten. Mit Projekten wie Your Stage bietet der Verein jungen Bands und Solokünstlern eine Bühne, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren und erste Live-Erfahrungen zu sammeln.

100 % unabhängig, 100 % gemeinnützig, 100 % Live-Musik

Der Verein wird von Musikern für Musiker geführt, und zwar ehrenamtlich. Das bedeutet: Die Entscheidungen entstehen nicht in irgendeiner Verwaltung, sondern direkt aus der Szene heraus. Die klare Trennung zwischen Kulturarbeit und politischer Einflussnahme hat es KUKI ermöglicht, ganz auf die Bedürfnisse der Musiker einzugehen und eine Struktur zu etablieren, die ausschließlich von der Musikszene selbst getragen wird. Statt um Hochglanzförderung geht es hier um echte Teilhabe – um Räume, in denen man ausprobieren, wachsen, scheitern und weitermachen darf.

In einer Zeit, in der vielerorts kulturelle Vielfalt unter ökonomischem Druck leidet, wirkt KUKI fast ein wenig anachronistisch – im besten Sinne. Der Verein ist im knappen halben Jahrhundert seines Bestehens eine kulturelle Konstante in Augsburg geworden und dabei laut und stolz geblieben.


KUKI in Zahlen

  • Sitz des Vereins: Neuer Kulturpark West, Augsburg, Gubener Straße 11
  • Anzahl der Nutzer: ca. 1.200 Kulturakteure, etwa 200 Bands
  • Alter der Mitglieder: 8 bis 80 Jahre – eine Bühne für alle Generationen

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